Wie schafft man es, 50 Stunden unter Wasser zu bleiben? Was ist dabei die grösste Herausforderung? Und was motiviert einen überhaupt für so ein riskantes Vorhaben? Wir haben beim Rekordhalter Shafraz Wettstein nachgefragt.
Wer schon einmal Tauchen war, weiss, wie aufwändig die Vorbereitung ist und wie viel während einem Tauchgang schief gehen kann. Umso erstaunlicher ist das Projekt von Shafraz Wettstein, der für das Projekt Ocean 6I50 ganze 50 Stunden lang 6 Meter tief unter Wasser tauchte, um auf eines der grössten Probleme auf den Malediven aufmerksam zu machen: die Verschmutzung der Meere. Jährlich werden über 400 Millionen Tonnen Kunststoffe produziert, von denen rund 9 Millionen Tonnen (!) in den Ozeanen landen. Besonders Einwegplastik führt zu gigantischen Müllmengen. Hunderttausende Meerestiere wie Wale, Delphine, Meeresschildkröten und Robben sterben aufgrund von Müll in den Ozeanen (Quelle: OceanCare). Mit dem Projekt Ocean 6I50 will Shafraz seinen Teil zur Lösung dieses Problems beitragen.
Shafraz Wettstein (in der internationalen Tauchgemeinschaft als Shaff bekannt), ist ein ehemaliger maledivischer Militär-Tauchlehrer und Special Forces Instruktor sowie ein SSI Instructor Trainer. Fast 15 Jahre lang war er auf den Malediven im Militär und hat sich danach auf die Ausbildung von Taucher:innen in Resorts konzentriert sowie einige Resort-Tauchbasen geleitet. Heute ist Shaff freiberuflicher Tauchlehrer und macht sowohl Unterwasser- als auch Oberwasserfotografie. Mit seinem 50 stündigen Tauchgang vom Februar 2022 hat er in Asien einen Rekord aufgestellt.
Shaff, was war das Ziel deines Tauchrekords?
Mein Hauptziel bei diesem Tauchgang war es, das Bewusstsein für die empfindliche Meeresumwelt zu schärfen, insbesondere für das grosse Problem, das wir mit Einwegplastik und den daraus resultierenden Umweltschäden haben. Mit diesem Extremtauchgang wollte ich die Aufmerksamkeit der Menschen und Medien auf das Thema Umweltverschmutzung auf den Malediven lenken und der maledivischen Tauchgemeinschaft zeigen, dass alles möglich ist.
Wie ist es, so lange unter Wasser zu sein?
Es war wirklich hart, insbesondere mental. Gegen 22.30 Uhr in der ersten Nacht wollte ich sogar aufgeben, aber dann habe ich mich wieder aufgerafft und weitergemacht. Zum Glück!
Warst du nie gelangweilt oder hattest Angst?
Unter Wasser habe ich nie Angst. Ich bin immer für eine Herausforderung zu haben. Gelangweilt? Ja, ich habe mich irgendwann tatsächlich ein bisschen gelangweilt. Aber ich hatte ein spezielles Unterwasser-Tablet, auf dem ich Netflix schauen konnte. Das war also sehr hilfreich. 😉
Was war die größte Herausforderung während des Tauchgangs?
Die größte Herausforderung war es, ein gutes und zuverlässiges Team zu finden, das mich beim Tauchen unterstützt. Und das gelang mir einen Monat vor dem Tauchgang. Das Team, das ich hatte, war unglaublich gut. Sie wussten, was ich brauchte und wann ich es brauchte. Eine weitere Herausforderung war, dass mein Trockentauchanzug an der Halsdichtung undicht wurde und ich am zweiten Tag komplett nass war. Das kann bei einem solch langen Tauchgang sehr gefährlich werden. Zum Glück war das Wasser warm genug und ich begann erst eine Stunde vor dem Auftauchen zu frieren.
Und was war dein Highlight?
Da gab es so viele Dinge! Es war wirklich schön, dass meine zwei Söhne jeden Tag eine Weile mit mir unter Wasser waren. Dann hatte ich eine Gruppe von Waisenkindern, die ihren ersten Tauchgang überhaupt machten und zu mir kamen, um mich zu begrüssen. Die Waisenkinder wurden von der First Lady der Malediven gesponsert. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass mich so viele Menschen unterstützen würden, als ich nach 50 Stunden wieder auftauchte.
Was darf bei einem so langen Tauchgang auf keinen Fall fehlen?
Etwas, um sich zu beschäftigen, sodass einem nicht langweilig wird.
Welchen Rat gibst du Leuten, die Tauchen lernen wollen?
Tauchen macht Spass, ist leicht zu erlernen und ein echtes Abenteuer. Und wenn man eine:n gute:n Tauchlehrer:in hat, kann es etwas vom Besten sein, was man je gemacht hat.
Und welchen Rat gibst du Menschen, die den Ozean schützen wollen?
Bitte vermeide den Gebrauch von Einwegplastik und entsorge deinen Abfall korrekt.
Was sind denn deine Pläne für die Zukunft?
Ich möchte jedes Jahr einen grosses Tauchevent auf den Malediven veranstalten. Keinen weiteren 50-Stunden-Tauchgang, sondern eher einen wissenschaftlichen Tauchevent, an dem Taucher:innen aus der ganzen Welt teilnehmen können. Das Projekt Ocean Six Fifty, im Rahmen dessen mein Rekordtauchgang stattgefunden hat, wird nun als Stiftung eingetragen. Ziel der Stiftung wird es sein, das Bewusstsein für die negativen Auswirkungen von Einwegplastik zu schärfen und die lokale Gesellschaft dabei zu unterstützen, auf umweltfreundlichere Methoden umzustellen. Ausserdem möchte ich mit der Stiftung den oftmals unterprivilegierten Jugendlichen auf den Malediven helfen, ihre Ziele zu erreichen und Tauchprofis und Meeresforscher:innen zu werden.
Würdest du selbst gerne mal ein Tauchtraining mit Shaff in der Schweiz machen? Dann kontaktiere ihn ganz einfach via Webseite oder Instagram.
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